#88 „Ist der Spassgesellschaft schlussendlich die Freude abhanden gekommen?“

Hauptsache es macht Spass – echt jetzt? Ist das wirklich die Hauptsache? Die Hauptsache wovon eigentlich und vor allem: viel Spass für wen?

Spaßgesellschaft ist ein (meist abwertendes) Schlagwort, das seit den 1990er Jahren in den deutschen Feuilletons auftauchte und das Lebensgefühl von Teilen der Gesellschaft in den Jahren des vorangegangenen Börsenbooms, des sogenannten New-Economy-Hypes, beschreiben sollte. Es sollte nach Fritz Vilmar einen Lebensstil kritisieren, bei dem Hedonismus und Konsumlust[1] im Vordergrund stünden, das Bemühen um gesellschaftliche Veränderungen aber in den Hintergrund trete.[2] 

Lebensgefühl

Spaß ist eine im Deutschen seit dem 16./17. Jahrhundert belegte Substantivbildung aus dem italienischenspasso „Zerstreuung, Zeitvertreib, Vergnügen“. Heute wird mit etwas macht Spaß eine Tätigkeit beschrieben, die gerne gemacht wird, die Freude, wobei diese meist nachhaltiger ist, bereitet. Gemäß Duden ist Spaß das Vergnügen, welches bei einem bestimmten Tun aufkommt.[1]Mit jemandem einen Spaß treiben bezeichnet, dass dieser Person ein Streich gespielt wird. Der Spaß ist eine Äußerung, über die gelacht werden kann, ja soll, und gilt als Bestandteil des Humors. Das Wort wird auch synonym zu Jux, Scherz und Witz verwendet. Zugehörige Adjektive sind spaßig und spaßhaft. Als Gegenbegriff gilt der Ernst.

Ernst

Freude ist der Gemütszustand[1] oder die primäre Emotion,[2] die als Reaktion auf eine angenehme Situation oder die Erinnerung an eine solche entsteht. Je nach Intensität äußert sie sich als LächelnLachenFreudenschrei oder in einem Handeln. Im weiteren Sinne kann auch der Auslöser einer Freude, eine frohe Stimmung oder ein frohes Dasein als Freude bezeichnet werden. Der Begriff Glück wird manchmal im Sinne von Freude verwendet.

Freude ist für sich selbst gesehen weder gut noch schlecht. Eine wertende Komponente kommt ihr erst zu, wenn sie in negativem oder positivem Verhältnis zur geltenden Moral steht (Beispiele: Schadenfreude bzw. Siegesfreude).

Im Buddhismus, aber auch in zahlreichen anderen östlichen religiösen und meditativen Systemen wird angenommen, dass ein seelischer Zustand der Freude und Ausgeglichenheit durch Selbsterkenntnis und „achtsame“ und „rechte Lebensweise“ gefördert werden kann. Die Mitfreude (Mudita) an der Freude anderer nimmt daher eine zentrale Stellung in der buddhistischen Geistesschulung und Ethik ein.

Mitfreude

Soweit Wikipedia so gut. Allerdings wage ich folgendes zu behaupten: Spass ist der mehr oder weniger gut geglückte, zumeist nicht lang anhaltende Ablenkungsversuch des Verstandes oder einer Werbe-, Vermarktungs- und Unterhaltungsindustrie vom sogenannten Ernst. Von sogenannten Problemen, von sogenannten Sorgen, von den sogenannten nicht bis kaum bis schlecht geglückten Leben und dessen Umständen, von Pflichten, Anforderungen, Verantwortungen, erfüllbaren und nicht erfüllbaren Erwartungen und Wünschen, an uns selbst oder andere, egal, vom Ernst des Lebens eben. Ich glaube folgende Beobachtung gemacht zu haben, dass, wer um jeden Preis Spass haben muss, sich unter der oft sehr dünnen Spass machenden Oberfläche selbst oft sehr ernst nimmt.

dünn…..

Ausserdem ist Spass nicht selten im Besitz diverser kleiner bis riesengrosser Egos. Man kann sicher auch mit anderen Spass haben, aber wenn einer von zweien oder mehreren keinen Spass hat oder an was auch immer, keinen Spass findet, ist diese oder jener sofort ein Spassverderber, und da hört sich der Spass sofort auf. Ein häufig verwendeter Treibstoff in Sachen Spass ist für die meisten von uns der Alkohol. Da wird man lockerer, weil man das sonst anscheinend kaum bis gar nicht sein kann oder einfach nicht ist. Da bedient man sich dann auch gerne bestimmter Spassbeschleuniger namens „Witze“, meistens auf Kosten anderer.

Spassverderber

Und wenn man dann nicht Teil der „Stamperl“, „nur noch ein Achterl“ oder „einen Sommerspritzer“ oder „ein Krügerl geht noch“ Fraktion angehört, so wie ich, nicht immer, aber oft, dann ist man gleich einmal ganz schnell Spassverderber, obwohl ich grundsätzlich nichts gegen Alkohol habe oder die Lust, mal ein Achterl zu geniessen durchaus nachvollziehen kann. Aber wenn man daran nicht teilnimmt, ist man dann selbst entweder „verdächtig“ oder „krank“ oder nur „unangenehm“, weil man plötzlich ein unangenehmer Spiegel ohne Achterl oder Krügerl der Spassgesellschaft ist, und das will halt keiner. Mich stört’s nicht, und mich hat es noch nie gestört, aber umgekehrt ist das sehr oft nicht der Fall. Da fühlt man sich augenscheinlich oft unwohl angesichts eines einzelnen ohne Glaserl Wein oder Krügerl Bier, sondern womöglich „nur“ einem Glas Wasser oder einer Tasse Kaffee in der Hand, die oder der trotzdem locker und humorvoll und lustig sein kann. Na dann Prost.

locker, lustig und humorvoll

Auch das habe ich persönlich noch nie verstanden oder nachvollziehen, noch mitlachen können. Und wenn es keinen Spass mehr macht, was immer das dann konkret sein soll oder muss, oft eine Flucht in den Konsum und Kaufrausch, oder in das heilige Mobiltelefon oder in die Kopfhörer und Ohrstöpsel oder beides, dann wird einem oft ganz schnell extrem fad – ein untrüglich sicheres Zeichen und Phänomen unserer Zeit, und ein klarer Hinweis, dass es sich bei Spass um eine an einer extrem dünnen Oberfläche stattfindende Ablenkung handelt. Und weil „fad sein“ keinen Spass macht, darf fad sein einfach nicht sein, weil es keine und keiner mehr aushält, nicht permanent abgelenkt zu werden. Von sich, von unserer Zeit, von unserer systematisch zerstörten Welt. Und dahin ist sie, die eigentlich so gesunde lange Weile.

Wasser und Kaffee

Ich mag auch keine Witze und kenne seit eh und je die selben zwei bis drei. Obwohl ich durchaus witzig sein kann und man mir attestiert durchaus sehr humorvoll sein zu können, aber das ist eine vollkommen andere Geschichte. Dazu gehört die Fähigkeit, sich selbst eben überhaupt nicht so ernst zu nehmen und die Gabe , über sich selbst herzlich lachen zu können. Das, und dass es nicht immer auf Kosten anderer witzig und zum Tränen Lachen sein muss, ist die gesunde Basis von Humor.

witzig

Und Freude? Ja, die Freude wohnt eben nicht an der Oberflächlichkeit der Dinge. Sie lenkt von nichts „ab“ sondern führt zu etwas „hin“ und ist auch selten bis nie eine Domäne des Verstandes, weil sie eben in der Seele lebt und wohnt, wächst und auch nur dort gedeiht. Im Buddhismus, aber auch in zahlreichen anderen östlichen religiösen und meditativen Systemen wird angenommen, dass ein seelischer Zustand der Freude und Ausgeglichenheit durch Selbsterkenntnis und „achtsame“ und „rechte Lebensweise“ gefördert werden kann. Die Mitfreude (Mudita) an der Freude anderer nimmt daher eine zentrale Stellung in der buddhistischen Geistesschulung und Ethik ein. Mehr ist dem nicht hinzuzufügen.

Freude

Man kann ein Leben lang Freude an etwas haben, entwickeln, vertiefen, empfinden – sei es an der Musik, an der Kunst, am eigenen Da Sein und am da Sein anderer, am eigenen Beruf und den Berufen anderer, die diese mit Freude und Hingabe betreiben, an diversen kreativen Tätigkeiten, den eigenen und in Zusammenarbeit mit anderen, am Sein und Schaffen in der Natur alleine oder miteiander mit anderen, an Beziehungen und Freundschaften und einer freud- und friedvollen Hingabe und Arbeit daran. Und sie kann sich mindestens verdoppeln, wenn man sie zu teilen weiss. Und ja, liebes Wikipedia: Der Begriff Glück wird manchmal im Sinne von Freude verwendet. Und wie der deutsche Neurobiologe und Hirnforscher Prof. Gerald Huether, den ich schon sehr oft zitiert habe, folgerichtig meint: „Wer glücklich ist, kauft nicht“. Nur: Wer in dieser oberflächlichen Spass-, Unterhaltungs- , Ablenkungs- und Konsumgesellschaft soll denn schon wollen, dass so viele Menschen von uns wie möglich tatsächlich mit Freude erfüllt und in und mit ihrem Leben glücklich sind?!?!?

Glück

Ich kann folgende Bewusstseinsübung in dem Zusammenhang nur sehr gerne weiterempfehlen und uns allen ans Herz legen: das nächste mal, wenn wir jemandem „viel Spass“ wünschen, versuchen wir es stattdessen mit „Viel Freude“

Veröffentlicht von

pimpmyband11

Alexander A. Deutsch UMAN United Music Angels Network moerdermusic productions & international artist & project development music . consulting . uncoaching, production . lectures . kick ass drums https://pimpmyband.live www.cafedrechslerband.com www.facebook.com/alexander.a.deutsch https://eiblinskidrums.com/2018/07/19/im-gespraech-mit-alex-deutsch we are the seeds of awakening in a sleeping world So, Don't Sleep!!!

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s