#110 „Der Vor – Wurf“

Nun, ein wirklich „grosser Wurf“ war er ja noch nie, der Vor – Wurf. Eher ein unnötiger, in den Weg gelegter Prügel, etwas bemängeln, verurteilen oder verhindern, ein oft fragwürdiges Hindernis aufbauen, eine Hürde zwischen zwei verschiedenen Standpunkten, verhärteten Fronten, zwischen Partnern und oder in Beziehungen, wo ohnedies oft wie verrückt permanent hin- und hergezogen wird, einem angeblichen oder tatsächlich ausgemachten und verurteilten und schuldig gesprochenen „Täter“ gegenüber. Wer hat recht? wessen Ansicht ist „richtig“? Worin liegt die Motivation oder die Wurzel des Anstosses für den Werfer des Wurfes? Nimmt der Schuldige den Wurf an? Kann oder muss er das überhaupt? Ist die Basis nicht immer in Wahrheit in letzter Konsequenz ein gefangen sein und für viele auch, ein anscheinend „gerne“ gefangen bleiben in einer überlegenen Position der Beurteilung und Verurteilung aus einer oft selbstgefälligen oder selbstgewählten Position des inneren Richters gegenüber eines auf jeden Fall, ohne Zweifel schuldigen Täters, die oft eher aus einer gleichzeitig permanent empfundenen Unterlegenheit bis Verletzlichkeit herzurühren scheint?

welche Ansicht ist richtig?

Dem folgen ja auf Schritt und Tritt die gängigen Synonyme für den Vorwurfs Begriff: Anklage, Anschuldigung, Beschuldigung, Bezichtigung, Klage, Kritik, Massregelung, Missbilligung, Rüge, Tadel, Unterschiebung, Unterstellung, Vorhaltung, Zurechtweisung, Schelte, Verweis, Rüffel, Gemecker – allesamt fast ausschliesslich sehr be- und verurteilende, wertende und bewertende Begriffe aus dem Oberstübchen und dem dort rege tätigen Obersten Gerichtshof, meistens aus einer Position der Überlegenheit, des angeblich alleinigen Wissens, was gut und richtig und schlecht und falsch ist, direkt aus der vielen sehr vertrauten Sucht der Ver – Urteilung, was immer diese „Sucht“ zu stopfen „sucht“. Auffallend oft sind die Vorwerfer zugleich oft sehr empfindlich und empfindsam auf genau dieser verurteilenden Ecke und Achse. Und so werden viele Antworten, Fragen, Reaktionen als „Vor – würfe“ interpretiert, was zum einen auf extreme Verunsicherung und zum anderen eben auf das Gefängnis des Vorwurfes, aus dem man sich sowohl in die eine als auch in die andere Richtung offensichtlich nicht zu befreien weiss oder wissen will, hindeutet.

….was immer diese „Sucht“ zu stopfen sucht

Wir wollen auf keinen Fall vergessen dass es mindestens genau so viele Selbstvorwürfe wie Vorwürfe gibt. Wo man sich selbst die Schuld an allem Möglichen und oft Unmöglichem zu geben bemüht ist. Da dreht sich das Schuldkarussel dann oft ausschliesslich im Kreis der eigenen Gedanken unaufhörlich hin und her und so gut wie jeder Versuch einer Auflösung dessen von Aussen vermag da sehr oft gar nicht hin vorzudringen, was wiederum sehr oft wieder mit dem Selbstwertgefühl des Selbst Vorwerfers zu tun hat. Täter und Richter in Personalunion quasi.

Im englischen gibt es dafür den wunderbaren Begriff „holding grudges“ – was soviel heisst wie einen Groll hegen (und oft mit äusserster Sorgfalt auch pflegen) – hold some grudges, also etwas, was man ja nicht und nicht loslassen will oder um keinen Preis loslassen kann, also immer daran festhalten muss, auf immer und möglichst ewig, das man weder sich noch der oder dem etwas offensichtlich „vorgeworfen werden muss“ loslassen oder frei- lassen will und kann. Widerwille und Missgunst sind noch ein paar andere Deutungen. „Funktionieren“ tut dieses System allerdings nur, wenn man in der Lage ist, immer und immer wieder die Vergangenheit anklagend zu bemühen und mit den Emotionen und Argumenten von Vorgestern herzuholen und heraufzubeschwören bereit ist.

…..

Das Unvermögen oder die hartnäckige Weigerung zu „Verzeihen“ kommt aus genau der selben Ecke, wo man um’s Verrecken jemandem etwas nicht und nicht verzeihen kann und will, um möglichst lange etwas gegen diese Person oder Personen in der Hand zu haben, ohne sich bewusst zu sein, dass man damit nicht so sehr die anderen „bestraft“ als grossteils sich selbst in diesem ungesunden Gefühl in der Hand, im Herzen und damit in einer sehr ungesunden Energie gefangen hält und oft viel zu lange mit sich rumschleppt. Erst wer wirklich verstanden und gelernt hat, aus tiefstem Herzen zu verzeihen, weiss, welche Befreiung das vor allem auch für die oder den jeweils Verzeihenden bedeutet.

Dieser manchmal permanente Drang und Zwang zum Vorwurf, sowohl ihn zu verteilen und auszusprechen als auch ihn hinter jedem und allem zu vermuten oder glauben entdecken zu müssen, scheint mir auch jenem Umstand geschuldet, dass man es nicht verstanden, je gelernt oder geschafft hat, dieser Stimme des inneren Richters und Verurteilenden und Schuld zu weisenden schlicht und einfach zur erfrischenden Abwechslung einmal das Wort zu verbieten und ihm oder ihr endlich mal sagen zu lernen, die Klappe zu halten oder zu üben, den Vorwurf stattdessen in einen Wunsch umzuformulieren. Solange man dessen nicht fähig ist, ist der Verstand nicht eines unserer wertvollsten Werkzeuge sondern sind wir umgekehrt Opfer und Werkzeug unseres Verstandes, was dem jeweiligen Ego extrem grosse Freude bereitet, aber der Seele auf Dauer unglaublichen Schaden zufügt.

ein grosser Wurf

Es scheint meistens ein Kontrollbemühen und Verlangen des Egos aus einer scheinbar überlegenen Position zu sein, wobei dieses sehr oft eher ein Gefühl der Unterlegenheit, der Schwäche als auch von grossen Verletzungen, Traumata und selbst empfundenen, erlittenen und interpretierten Ungerechtigkeiten ( das Ungerechtigkeits- und Gerechtigkeitsempfinden sind ja immer auch sehr subjektive Interpretationen) oft aus Zeiten der Kindheit herrühren kann. Der sogenannte „Whataboutism“ hat es sich als Spaltpilz unserer Gesellschaft ja auch genau dort bequem gemacht.

Eine Anschuldigung wird sowohl umgangssprachlich für eine Infamie, Bezichtigung, Unterstellung, Beschuldigung oder einen Vorwurf als auch ausdrücklich als Rechtsbegriff verwendet. Vorwurf ist eine Äußerung, mit der man jemandem sagt, dass er sich nicht richtig verhalten hat. Mit Vorwürfen kann man jemandem sagen, dass jemand Fehler gemacht hat, die er nicht hätte machen sollen. Vorwurf ist also ein Tadel, eine Beschuldigung, Vorwurf ist eine Vorhaltung.

was schert das die Natur?

Ist man sich allerdings eines Fehlers, oder einer katholischen oder richterlich relevanten Schuld bewusst oder hat man das Gefühl, dass man auf mitmenschlicher Augenhöhe und eben nicht pseudorichterlicher Verurteilung von oben herab auf eine fehlerhaftes Verhalten oder einen Fehler im Sinne, dass man jemanden wissentlich, bewusst, absichtlich oder unbewusst durch sein Handeln oder nicht Handeln verletzt, entwürdigt, diskriminiert, genötigt, bedroht, der Lächerlichkeit preisgegeben oder sonst irgendwie beschämt oder verunsichert haben könnte, hingewiesen und aufmerksam gemacht wird, tut man in jedem Falle gut daran, sein eigenes Verhalten zu aller erst einmal gründlich zu evaluieren und zu überdenken um sich dann bei der betreffenden oder betroffenen Person zu entschuldigen und im Bewusstwerden dieses verletzenden Verhaltens zu versuchen und sich zu bemühen, das in Zukunft zu vermeiden oder zumindest auf andere, gesündere Art zu lösen.

auf gesündere Art lösen

Zum Abschluss kurz noch folgende Betrachtung zum Thema Vorwurf, bemerkenswerter Weise aus der Bibel der deutschen Steuerfahnder auf http://www.steuezahlerservice.de:

„Klein, aber oho: Fehler im Arbeitsalltag
Es sind nicht nur die großen Fehler, die uns beschäftigen. Im Alltag sind es oftmals die kleinen Fehler, die uns die Nerven rauben und graue Haare wachsen lassen. Während wir bei Produkt- und Prozessfehlern meist noch ruhig Blut bewahren können und es uns gelingt, sie sachlich anzusprechen, verlieren wir bei Verhaltensfehlern schnell die Contenance. Auch wenn es sich scheinbar um Kleinigkeiten handelt, sie lassen sich nicht übergehen. Sie bringen uns auf die Palme, machen uns sprachlos oder wütend. Wir tendieren dazu, Verhaltensfehler auszublenden. Wir sagen „Der ist halt so“ oder „Die kann ja nicht anders“. Wir betrachten sie als persönliche Schwächen oder Macken, als Defizite im Auftreten, Probleme in der Kommunikation oder Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit. Aber handelt es sich dabei um wirklich um Fehler?

Schweigen ist keine Lösung
Wir stehen vor der Wahl: Sehen wir mit zusammengekniffenen Lippen über die Fehler der anderen hinweg? Oder sagen wir ihnen, wie sehr uns ihre Fehler stören? Eines ist klar: Wer nichts sagt, vergibt sich jede Chance auf eine Verbesserung. Alles bleibt dann beim Alten. Häufig sind sich die anderen gar
nicht im Klaren darüber, dass ihr Verhalten stört, dass wir uns über diese „Kleinigkeiten“ maßlos ärgern. Daher ist Schweigen keineswegs Gold. Doch wir ahnen: Frisch und frei den anderen ins Gesicht zu schmettern, was uns nicht passt, führt auch nicht ans Ziel. Vielmehr können wir dann mit weiterem Ärger und Streit rechnen.

Kleinigkeiten

Vorwürfe: Kommunikationsmuster aus der Kindheit
Im Alltag greifen wir häufig zu Vorwürfen, wenn wir andere auf ihre Verfehlungen ansprechen. Mit Vorwürfen wählen wir eine Kommunikationstechnik, die viele von uns als kleine Kinder verinnerlicht haben. Am Beispiel unserer Eltern und nahen Bezugspersonen haben wir gesehen, wie (unser) Fehlverhalten zu Ärger und der Ärger zu Vorwürfen geführt hat. Tag für Tag haben wir sie gehört: „Dauernd macht ihr so einen Lärm!“, „Ständig läufst du mit deinen dreckigen Stiefeln in die Wohnung!“ oder „Jetzt hast du schon wieder eine Fünf in Mathe geschrieben!“. Doch Vorwürfe haben schon unsere
Eltern nicht ans Ziel geführt. Häufig sind diese Situationen eskaliert, endeten mit zermürbendem Gezanke oder trotzigem Widerstand. Vorwürfe sind kontraproduktiv. Sie schaffen nichts als weiteren Ärger. Darum ist es klug, mal innezuhalten und hinzusehen, warum wir sie nun als Erwachsene dennoch einsetzen und was hier falsch läuft.

Wie sich Vorwürfe zusammenbrauen

  1. Es handelt sich um eine Kleinigkeit. Die Welt hat viele große Probleme. Krümel in der Büroküche gehören nicht dazu. Wenn sie jemand mal übersieht, wischen wir sie im Handumdrehen weg. Ist ja eine Kleinigkeit.
  2. Es kommt zu Wiederholungen. Selbstverständlich wischen wir den Tisch auch am nächsten Tag wieder sauber. Und die Woche 64 Fehler ansprechen darauf. Das ist doch für niemanden ein Problem! Noch nicht.
  3. Wir wollen kein Aufheben machen. Wegen ein paar Krümel lohnt es sich nicht, etwas zu sagen. Auch nicht wegen der Fettflecken. Wir wollen ja nicht als kleinlich gelten. Doch die innere Spannung steigt.
  4. Wir fokussieren die Problempunkte. Am nächsten Tag werfen wir den Blick als Erstes auf den Tisch: Sauerei! Jetzt stehen die Kleinigkeiten im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Wir fokussieren den Fehler wie mit einer Lupe.
  5. Aggressive Interpretationen treten auf. Schon erleben wir die Krümel als Frechheit, als schamlose Rücksichtslosigkeit, wir fühlen uns als die Dummen, die die Drecksarbeiten machen müssen.
  6. Ärger braut sich zusammen. Die Wut arbeitet in uns, ein Steinchen kommt zum anderen, eine Lawine baut sich auf. Wir haben es satt, uns schlecht behandeln zu lassen. Wir holen zum Gegenschlag aus.
  7. Attacke! Das Ende der Geduld ist erreicht. Wir schäumen innerlich. Und schon schießt der Vorwurf heraus: „Dauernd lässt du deinen Dreck liegen!“
Kommunikationsmuster aus der Kindheit

Warum Vorwürfe scheitern
Strategisch betrachtet ist ein Vorwurf ein Schuss ins eigene Knie. Wir erzielen damit nicht nur keine Verbesserung, sondern sogar eine Verschlechterung. Der andere stellt auf stur oder schlägt zurück. Wir verfehlen das intendierte Ziel. Fehler!

Kampf oder Flucht
Vorwürfe werden als Angriff erlebt wie ein Schlag auf die Nase. Mit jedem „Du machst das und das falsch!“ werden unsere archaischen Konfliktstrategien aktiviert: Fight or Flight, Kämpfen oder Flüchten. Auf den symbolischen Schlag folgt der Gegenangriff („Aber du hast …!“) bzw. die Flucht
(„Lass mich in Ruhe!“).

Hinter jedem Vorwurf steckt ein Wunsch
Wenn wir die grammatikalische Struktur von Vorwürfen betrachten, so fällt auf, dass sie immer die gleichen Merkmale haben:
* Du-Botschaften (du machst, du tust, du hast)
* Generalisierungen (immer, ständig, dauernd, nie)
* Übertreibungen (wie in einem Schweinestall, hundertmal)
* Problemfokussierung (Lärm, Dreck, Unordnung, Versagen, Ärger)
Auf der Suche nach besseren Strategien haben Kommunikationsforscher erkannt: Vorwürfe sind verunglückte Wünsche. In jedem Vorwurf steckt ein unausgesprochener Wunsch. Die große Kunst besteht nun darin, den Wunsch zu erkennen und in Worte zu fassen.

der gute Wunsch

Die meisten Menschen wissen sehr gut, was sie stört, was sie schlecht finden, was sie ablehnen. Es ist leichter, in der Rolle des Opfers und des Leidenden zu verharren, als das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen und den Lauf der Geschichte zu beeinflussen. Wer Vorwürfe macht, schiebt dem Gegenüber
die Verantwortung zu. Der oder die andere ist schuld, dass es schiefläuft, dass man sich ärgert oder leidet. Doch mit etwas Selbstverantwortung und Handlungsstärke können wir uns ein angenehmeres Leben erschaffen. Wir müssen dazu nur innehalten und uns unsere Wünsche bewusst machen.

Nun fällt Ihnen sicher auf, dass Vorwürfe nicht nur negativ klingen, sondern auch Negativformulierungen enthalten. Wünsche hingegen sind positiv formuliert und schaffen ein positives Gesprächsklima. Die folgende Übersicht verdeutlicht das Schema, das jeweils hinter Vorwürfen und Wünschen steht. Sie werden feststellen, dass sie immer die gleichen Merkmale aufweisen.
* Vorwurf *Wunsch
* Negativformulierung * Positivformulierung
* Problemorientierung * Lösungsorientierung
* Blick zurück im Zorn * Blick nach vorn
* Aggressive Haltung * Konstruktive Haltung
* Kampfansage * Kooperationsangebot

Na dann, cheers und auf zu den guten Wünschen

Alles Liebste, AleX

Veröffentlicht von

pimpmyband11

Alexander A. Deutsch UMAN United Music Angels Network moerdermusic productions & international artist & project development music . consulting . uncoaching, production . lectures . kick ass drums https://pimpmyband.live www.cafedrechslerband.com www.facebook.com/alexander.a.deutsch https://eiblinskidrums.com/2018/07/19/im-gespraech-mit-alex-deutsch we are the seeds of awakening in a sleeping world So, Don't Sleep!!!

Ein Gedanke zu “#110 „Der Vor – Wurf“”

  1. wenn jemand in einem gewissen Zeitalter geboren ist – helfen all diese vorgelegten Beispiele NICHTS – meine Erfahrung ist, sich so gut es geht aus diesem „sturen Schema“ fernzuhalten und in einer eigenen Welt sich zu entfalten man bleibt dann damit unangreifbar . dennoch sehr aufrührerische Gedanken von Alexander, welche ich in meiner derzeitigen Verfassung nicht in mich aufnehme – – – Feingefühl nenne ich es – – –

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