ich hab gerade mit grossem Staunen und Interesse einen Ted Talk verfolgt, den mir mein lieber Freund Joerg zum Thema „So werden wir das Internet verändern müssen, wenn wir als Menschheit überleben wollen“ geschickt hat. Und dieser wirklich verdammt gute Beitrag des US Amerikaners Jaron Lanier endete mit den in mir sich wie in einem endless loop wiederholenden Sätzen: „Ich glaube nicht dass unsere Gattung in der Lage sein wird zu überleben wenn wir folgendes nicht in Ordnung bringen: Wir werden nicht fähig sein in einer Gesellschaft überleben zu können, solange, wenn zwei Menschen gerne miteinander kommunizieren möchten, der einzig gangbare Weg dorthin folgender ist, dass ein Dritter diesen Wunsch finanziert weil er gerne Beide manipulieren möchte. In der Zwischenzeit, wenn diese Firmen (und da geht es im Wesentlichen um zwei, Google und Facebook) sich nicht zu ändern bereit sind, löschen sie bitte ihre Konten dort, OK?“ Hier der link zu diesem wert – vollen Beitrag: https://youtu.be/qQ-PUXPVlos

Lanier weigert sich auch in Folge von „sozialen Netzwerken“ in diesem Kontext zu sprechen, sondern wesentlich treffender von „das Verhalten modifizerende Empires“, deren einzig praktizierte Geschäftsmodelle aus seiner Sicht auf einem gravierenden Denkfehler in den 90igern beruhen, nämlich der Annahme und zugleich der identen Falle, in der sowohl die Firmen selbst als auch ihre Konsumenten seither stecken geblieben sind: dass nämlich, einem durchaus sozialistischen Grundprinzip folgend, alles im Internet für alle frei zugänglich sein müsse, „nur“ finanziert durch Werbung. Diese ist inzwischen allerdings von der ursprünglich harmlosen Werbung des lokalen Zahnarztes zu einem unser aller Verhalten modifizierenden, durch Algorithmen gesteuerten Ungeheuer herangewachsen. Er stigmatisiert deshalb aber nicht Google und Facebook als „das Böse oder die Bösen“ sondern führt all das eben auf diesen einen, aus seiner Sicht wesentlichen Denkfehler zurück mit fatalen Folgen für uns alle. So haben jedoch im Gegenteil dazu TV Anstalten, die sich wie Netflix und Co mehr und mehr im Internet etabliert haben, diesen auch dort ursprünglich angedachten Fehler eben nicht gemacht und ihre Kunden dazu aufgefordert, für deren Beiträge und Sendungen zu zahlen und bei dadurch und damit zeitgleich steigender Qualität zu finanzieren und eben nicht auf das alle Werte und jede Qualität zerstörende gratis Manipulationsmodell zu setzen.

Funktionieren tut all dies anscheinend frei nach dem Gesetz der Konditionierung nach Pawlow. Auf mit Belohnungen basierenden Reizen. Nur dass die negativen Impulse und Reize viel günstiger weil eben auch wesentlich reichlicher weil „einfacher“ vorhanden sind. Er erklärt das am Beispiel, dass es zum Beispiel ralativ lange dauert Liebe oder Vertrauen zu bilden, beides aber relativ einfach und schnell, also leicht und damit auch wesentlich „billiger“ zerstört werden kann.

Dort sitzen in meiner Wahrnehmung auch die wesentlichen Tools, die Werkzeuge zur „allgemeinen Verunsicherung“, einer immensen Unterwanderung so gut wie aller unserer Informationsquellen durch „fake news“, „Verschwörungstheorien“ oder was ich „Verschwörungstheorie Fallen“ nennen möchte, in welche auch gerne und immer öfter durchaus berechtigte sozial-, ökonomie- und gesellschaftskritische Bewegungen und Überzeugungen wie Klimawandel, Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer 5G Technologie oder flächendeckender „Digitalisierung“ um jeden Preis, „koste es was es wolle“ und ihre möglicherweise fatalen gesundheitlichen sowie sozialen Auswirkungen nicht rein zufällig gesteckt werden, sowie einfach glatte „Lügen“ aller Art zur radikalen Vernichtung und Zerstörung von was wir nicht Wahrheit oder Realität, sondern besser „Wahrhaftigkeit“ nennen wollen – dem intuitiven Wissen, was menschlich „richtig“, „echt“ und „falsch“ ist. Ohne diese Geländer in Form klarer Referenz-und Anhaltspunkte ist nicht nur der Mensch sondern eben die gesamte Gesellschaft und Menschheit mehr und mehr orientierungslos und in letzter Konsequenz aufgrund dieser Hilf- und Orientierungslosigkeit mit zugleich mutwillig geschürter Ängste nicht nur immer mehr gespalten sondern vollkommen aufgeschmissen, wie das unter anderem auch der deutsche Gehirnforscher Prof. Gerald Hüther sieht.

Ich hatte vor ein paar Tagen das starke Bedürfnis, im englischen würde man sagen ein „calling“, mich mit einer Lebensfreundin, eigentlich meiner Jugendliebe, zu treffen, mit der ich seit Jahrzehnten in tiefer und echter Freundschaft verbunden bin und die ich vor ein paar Wochen in einem emotionalen Kurzschluss aus dem Gesichtsbuch entfreundete, kurz bevor ich von facebook aufgrund der Veröffentlichung eines Photos einer schwarzen Frau, die ein weisses Baby stillt bis zum heutigen Tag gesperrt wurde. Ich hatte sie entfreundet in einer Mischung aus Hilflosigkeit und genervt sein, weil ich nicht mehr wusste, wie ich mit ihrer massiven Kritik und , wie mir schien, verbissenem bis fanatischem Festhalten an diversen mir bis heute nach wie vor schwer nachvollziehbaren Überzeugungen und Meinungen in Sachen Corona Massnahmen und Maskenpflicht in Form geballter youtube Videos umgehen sollte, die sie immer wieder trotz meiner wiederholten Bitte, das nicht zu tun, auf meiner Timeline postete.

Da sassen wir dann in diesem kleinen Wiener Café im Freien, sicher eine gute Viertel Stunde schweigend in der langsam hinter den Gebäuden untergehenden Sonne, sie hinter ihrer Sonnenbrille, still um uns herum, nachdem sie meinte, dass wir über Corona und Masken, die in ihr offensichtlich heftige Agressionen auslösten, wann immer jemand mit Maske an uns vorbei ging, nicht zu reden brauchten, denn da kämen wir sicher auf keinen grünen Zweig. Da sollten wir uns lieber über,s Wetter unterhalten. Nach der darauf folgenden Schweige Viertelstunde fragte ich sie, was sie glaube, was das denn in uns beiden ist, was uns nicht mehr miteinander reden lässt. Das öffnete in der Sekunde einen Damm an zum Teil auch durchaus berechtigten Vorwürfen, offensichtlichen Verletzungen, Ängsten, Sorgen um die Menschheit, Gesellschaft und Verurteilungen, die sich da in Ihr aufgestaut zu haben schienen und ich habe eine Zeit lang wirklich nur zugehört. Bis ich meinte, dass ich versuche, mich nicht auf all diese, in so gut wie allen Medien kolportierten grossen Themen zu konzentrieren sondern auf Bereiche, wo man schon anders miteinander umgeht, wo es schon praktizierte andere Wege, Gesellschaftsmodelle und Lebensweisen sowie bereits umgesetzte Konzepte gibt mit den Herausforderungen unserer Zeit anders, gesünder umzugehen und dass ich mir ganz ehrlich einzig und allein nur darüber Sorgen mache, dass wir beide nicht mehr miteinander reden können sollen. Und dass es mir wirklich von Herzen leid tut und ich mich dafür entschuldige, sie im Affekt aus facebook rausgeschmissen zu haben und wir ja nicht in allem auf einen „grünen Zweig“ kommen müssten, aber doch trotzdem miteinander reden und uns zuhören können. Da nahm sie ihre Sonnenbrille ab und wir waren auf einmal wieder auf Augenhöhe und in unserer alten, guten Freundschaft und im gegenseitigen Vertrauen gelandet, obwohl wir nach wie vor in vielem nicht einer Meinung sind. Schön ist das.
