#57 „Einsperren, Aussperren, Entsperren…..“

Dritter Advent, und es beschäftigt mich etwas Besonderes, sehr Spezielles dieser kurzen Tage, was sicher den meisten von uns zumindest irgendwie bekannt vorkommen mag. Der Drang, oder bei manchen gar der Zwang, sich zuerst ein- und damit auch in Folge vom Fluss des Lebens auszusperren. Ja, nicht nur das. Manche bis , gut möglich, viele von uns haben einen oder mehrere bis in das oft un- und unterbewusste kleinste Detail perfekt ausgeklügelten Plan der Eigen- und Selbstsabotage am Start. Oft Unbemerkt, äussert sich das gerne in verschiedensten Handlungs und Entscheidungsstrategien und Aussagen wie:

„ich ziehe sowieso immer die Arschkarte“ (ich kann nicht glauben, das das Leben es gut mit mir meint), „Man will mich sowieso nicht dabei haben“,(ich bleibe lieber allein, da kann (mir) wenistens nichts „passieren“), „der oder die hat oder die haben sowieso etwas gegen mich“(mein innerer Richter kennt alle meine Schwächen und Fehler), „was soll ich dort?“ (wer bin ich), „Nein danke, das braucht kein Mensch“(ich will nicht Mensch sein müssen), „was willst du oder wollen die denn immer von mir?“(meine noch so beschissene Komfortzone ist meine Sicherheit), „Interessiert mich sicher nicht“(nur ich weiss was interessant ist), „Darauf kann ich gerne verzichten“(ich fürchte mich vor neuen Erkenntnissen), „Na und?“,(mein Kerker bleibt geschlossen) „wozu soll das gut sein?“ (nur ich weiss was gut ist), „ich weiss selbst was gut für mich ist“(ich will die volle Kontrolle um jeden Preis behalten) „du hast mir gar nichts zu sagen“ (mein Leben geht Dich nichts an), „keine Zeit“ (Türen zu, heute geschlossen), „Und sonst hast du nichts zu tun?“(Der Sinn des Lebens ist das Tun) und vieles mehr.

Im Prinzip Angst vor Kontrollverlust oder die Illusion man wäre der alleinige Schöpfer, die alleinige Herrscherin und Gestalterin dessen, was wir „unser Leben“ nennen.

All das und noch viel mehr scheint mir dem Drang geschuldet, dass nur das selbst hart erarbeitete, das selbst, eigenständig geplante, dieses „mein“ von mir und durch mich allein geschaffene und kontrollierte Leben das einzig wahre und wichtigste ist, wobei ja noch immer nicht wirklich eindeutig und gänzlich geklärt ist, wem es denn wirklich „gehört“, nachdem es sich angeblich am jeweiligen Ende ja wieder irgendetwas oder irgendjemand zu holen scheint, oder ob es überhaupt jemandem gehören muss oder einfach nur gelebt werden will, das Leben, und damit meine ich nicht die Karriere oder die eigene Biographie und die damit einhergehende eigene Wichtigkeit.

Ich hatte die Freude und das Vergnügen mit meiner Liebsten und zwei ihrer Sohnemänner einen Museumsbesuch machen zu dürfen, in der Annahme, dort eine Ausstellung eines von mir sehr geschätzten Künstlers besuchen und erleben zu dürfen. Nach dem Erwerb der Eintrittskarten in das geniale Museum und einiger Überredungskunst den jungen Männern gegenüber, die eigentlich nur in das Naturhistorische Museum auf ein paar Dinosaurier Knochen vorbeischauen wollten und sonst gar nichts, meinte ich, sie sollten sich doch einfach mal entspannen und darauf einlassen, JETZT, wo wir alle schon mal da sind, als uns mitgeteilt wurde, dass die Ausstellung dieses Künstlers mit Ende Oktober vorbei war. Also gab es plötzlich die Herausforderung, meinem Motto folgend, uns alle auf etwas einlassen zu können, womit keine und keiner von uns vorher gerechnet hatte, was uns aber das Leben gerade als neues, unbekanntes Abenteuer und neue Entdeckung geschenkt hatte.

Nach intensivem Schmollen im Parterre und ein paar heftigen Diskussions- und Überredungsattacken der Jungmänner, die fest auf dem ihnen bereits bekannten „Naturhistorischen Museumsplan“ beharrten, zogen sie sich mit den Worten, dass das hier alles „ur fad“ und auch nicht für Kinder ist, in den hintersten Winkel auf 2 verwaiste Sofas zurück.

Ich versuchte es noch mal mit den Worten: „Schaut mal, das Leben ist unter anderem wie eine riesengrosse Speisekarte, auf der auch Wiener Schnitzel stehen, aber man muss die nicht immer essen, nur weil man noch nichts anderes probiert hat, von dem einem mit grosser Wahrscheinlichkeit auch etwas anderes, was man noch gar nicht kennt, schmecken und gefallen könnte. Ihr wollt jetzt gerade nur Wiener schnitzel – „das“ ist fad.“ All das liess sie allerdings relativ unbeeindruckt, nach dem ihr ältester Bruder gleich von Anfang an zu hause das Handtuch geworfen hatte, wie es in diesen, seinen early Teenagertagen, seine absolute Lieblingsbeschäftigung zu sein scheint: einsperren, aussperren und nur ja nicht entsperren.

Nachdem wir beide, meine Liebste und ich, uns den Exponaten in der oberen Etage gewidmet hatten, kamen die beiden jungen Naturhistoriker dann irgendwann daher geschlichen, mit den Worten, sie hätten JETZT Hunger. Und im Zuge dessen kamen sie sogar unbemerkt mit uns ein Stück des Weges auf den unerforschten Pfaden uns bis dato vollkommen unbekannter Kunstwerke einer uns bis dato vollkommen unbekannten, aber sehr spannenden Künstlerin. Beim Verlassen des Museums kamen sie augenblicklich, noch immer heftigst schmollend, mit sofortiger Wirkung auf die Dinosaurier Knochen zurück. Hatten sie noch immer Hunger? fragte ich mich. Ihre Mum tätigte einen Anruf bei den Knochen Verwaltern und nachdem dort gerade offensichtlich auch kein Riesenandrang war machten sie sich auf den weg dorthin. Ich fuhr nach Hause und kochte Spaghetti für alle.

Der jüngste, der in seinem früheren Leben ein grosser Philosoph oder zumindest ein sehr weiser Mönch gewesen sein muss, meinte dann: „Na bitte, jetzt hattet ihr euren Spass und jetzt kriegen wir den unseren“ worauf ich meinte, dass Spass mir bis zur Haut, besten Falls nur bis in den Suchtlappen meines Gehirns kommt, aber Freude bis tief in meine Seele und mein Herz, dass ich immer die grösste Freude habe, mir vorher Unbekanntes entdecken zu dürfen, mit mir Unbekannten zu sprechen oder mich auf vollkommen Unerwartetes einzulassen. Zeitgleich dämmerte es mir allerdings, dass dem nicht immer , zumindest schon länger eher nicht mehr so gewesen war, und dass es vor allem meiner Liebsten, meinem Vertrauen in ihre Fantasie und dem Leben gegenüber geschuldet ist, dass ich mich, besonders in den letzten gemeinsamen Jahren, wieder in der mir gewohnt mutigen Weise Unbekanntem und Unerforschtem gegenüber vorbehaltlos öffnen konnte. Ja, nicht nur das: dass ich es heute wirklich wieder in vollen Zügen schätzen und zugleich geniessen kann, den Rufen und Wegweisern des nicht von mir bis ins kleinste Detail geplante Lebens, knallhart und mit einer Leichtigkeit zugleich an den vermeintlich besseren Plänen vorbei, gerne Gehör und meine volle Aufmerksamkeit zu schenken und damit oft auf unvorstellbare Weise beschenkt, zumindest überrascht zu werden.

Foto © Sandra Mauerhofer

Ist das nicht mit ein wesentlicher Sinn des Lebens, sich jenseits der eigenen Kontrollsucht, Kreativität, Planungs- und Gestaltungswut, sich dem Unbekannten, das oft vollkommen unverblümt, ohne Genierer und ohne anzuklopfen durch die Vordertüre hereinspaziert kommt, sich genau dem, allein oder Hand in Hand mit der oder dem Liebsten, einem Team , einer Familie oder einer Gemeinschaft voll hinzugeben, to surrender, und sich von der Intuition, der inneren Ein – Gebung, dem Sog und dem Abenteuer Leben und seinen stillen Wegweisern leiten zu lassen, als sich permanent stur oder eben ängstlich mittels eigener, wesentlich wichtigerer und besserer Pläne den oft besten Plänen des Lebens sich entgegenstellen zu müssen oder zu verweigern. Die täglichen Chancen ungeöffnet im Müll der ungeahnten und nie wahrgenommenen Möglichkeiten zu ent – sorgen.

Mein Freund und brandneu entdeckter Soul Brother Joerg hat gestern ein wunderbares Interview von Ali Mahlodji mit dem genialen ZIB 2 Moderator Armin Wolf auf Instagram gepostet. https://youtu.be/xft8OWJtTVM

Das für mich mit Abstand Faszinierndste an diesem tollen Interview war neben dem unglaublich spannenden Lebensweg Armin Wolfs eine Entdeckung, die Ali Mahlodji glaubt in seinen zahlreichen interviews mit sehr berühmten und/oder erfolgreichen Menschen gemacht zu haben. Alle hatten seiner Beobachtung und Wahrnehmung nach etwas gemeinsam: jede und jeder hatte eine Person in seinem oder ihrem Leben, die bedingungslos an sie oder ihn geglaubt haben, und – jetzt kommt’s – alle hatten von ihren late Teenager Jahren bis etwa Mitte Dreissig zu den jeweiligen, oft atemberaubenden Einladungen und Überraschungen des Lebens immer, und ohne lange hin und her zu Überlegen, bedingungslos und intuitiv JA gesagt.

Und oft kam Ihnen erst nachher der Schock, sich mit der Aufgabe vollkommen überfordert zu fühlen, keine Ahnung davon zu haben, um was man sie gerade gebeten hatte zu tun oder hilf- und planlos, wie sie diese Challenge nur meistern könnten, aber da waren sie schon meistens tief und mitten drin und der Rück- oder Ausweg, das sich Ein – oder Aussperren keine Option mehr. weil sie sich vom Leben leiten liessen und sich deshalb schon, ohne lange Überlegungen, vollkommen „Entsperrt“ hatten. Wie schön ist das denn? Genau dort geht es lang, bitte, genau dort.

Dazu fällt mir noch eine kleine Geschichte ein. In meinen 8 Wanderjahren in den USA als junger Musiker und Produzent durfte ich einmal in den heiligen Hallen der Boston Symphony mit dem leider inzwischen verstorbenen Kontrabass Virtuosen Gary Peacock ein Konzert geben, nachdem wir Tage zuvor schon Aufnahmen in einem Studio unweit von Boston gemacht hatten.

Die für mich unter anderem nachhaltig in mir weiter schwingende , bis heute unvergessliche Geschichte, war jene, die er mir damals erzählt hatte. Einer seiner persönlich besten Freunde war wohl der berühmte Dirigent Seiji Ozawa. Und von ihm erzählte er folgende, von diesem getätigte Aussage: „Das absolut Wichtigste ist, dass man, unter dem Strich, am Ende eines jeden Tages, öfter JA als Nein gesagt hat. Dann weiss man, dass man richtig mitten im Leben ist und auf einer gesunden und positiven Energie und Frequenzwelle schwimmt und reitet“.

Und was könnte jetzt einer der wesentlichen, goldenen Entsperrungsschlüssel der oft von uns selbst geschickt und gefinkelt versperrten Türen, Tore und Fenster unserer user friendly und portablen Käfige sein? in der kleinen Welt meiner eigenen Wahrnehmung und Erkenntnis: ein bisschen mutig sollte man schon sein, und die Dankbarkeit. Warum? (Auch wenn warum keine göttliche Frage ist?) Weil sie uns voll in „das Hier und Jetzt Bewusstsein“ zu bringen vermag. Weil es dabei nicht darum geht, worauf man „wartet“, oder was man gerne hätte, oder wer man gerne wäre oder wo man lieber sein möchte, im nächsten Moment, nächste Woche, nächstes Jahr, dann…..

Sondern um das was ist, um das wofür man wirklich dankbar sein kann, JETZT! allem voran für die Gesundheit, für das Atmen der Lungen, dafür dass das Herz meinen Rhythmus schlägt und mein Blut durch die Venen und Arterien pumpt, für das Sehen, Erkennen, Verstehen, Schmecken, Fühlen, Hören, Tasten, Stehen, Laufen, Gehen, von den eigenen Beinen getragen werden können, mit Hilfe der Hände und dem heiligen Geist schaffen, be – greifen und kreieren können, Laufen, Sitzen, Liegen, Stehen, Gehen können, ein Dach über dem Kopf und einen einigermassen warmen Boden unter den Füssen zu haben, Kleider und Schuhe, Essen und Trinken, Strom, Gas, Wasser, Wärme, Telefon, Internet, Bücher, Musik, Bilder, die Natur und, und, und………

Wenn wir uns das täglich vor unsere Sinne führen, dann haben wir damit eine wundervolle Aufmerksamkeit für das Wertvolle, das JETZT ist, und nicht selbstverständlich unbedingt so „sein muss“, und damit sind wir automatisch hellwach und offen für die wegweisenden , oft stillen und leisen, manchmal lauten und grellen Zeichen dessen, was wir Leben nennen, dessen, was durch uns „Sein“ wollen darf, allerdings nur, wenn wir es schaffen, es zulassen zu können.

Alles Liebste

AleX

Veröffentlicht von

pimpmyband11

Alexander A. Deutsch UMAN United Music Angels Network moerdermusic productions & international artist & project development music . consulting . uncoaching, production . lectures . kick ass drums https://pimpmyband.live www.cafedrechslerband.com www.facebook.com/alexander.a.deutsch https://eiblinskidrums.com/2018/07/19/im-gespraech-mit-alex-deutsch we are the seeds of awakening in a sleeping world So, Don't Sleep!!!

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