Achtung! Falle! Diese Frage kennen wir doch alle, oder? wann wurde uns diese denn das erste mal gestellt? im Kindergarten? zu Hause? in der Kita, der Vor Schule? in der Volksschule? oder noch früher? und von wem denn? von Mama? von Papa? von Oma? von Opa? von Tante? vom Onkel? von der Frau Lehrerin oder dem Herrn Lehrer? oder gar dem Herrn Schuldirektor oder der Schuldirektorin? Oder war es erst jemand in irgendeinem Berufsberatenden Umfeld? Oder wurde sie eher nicht an dich sondern an jemand anderen in deinem Bei – Sein über dich gestellt, in etwas so: „Ja, was will sie/er denn einmal werden?“ Kennen wir, oder? Haben wir auf jeden Fall schon mal gehört.

In meinen frühen Kindheitstagen gab es via dem Schwarz Weiss Fernseher meines Firmpaten, einem Schul- oder Studienfreund meines Vaters, bei dem wir hin und wieder zu Gast sein durften, noch lange bevor er später mein Firmpate geworden war, neben Heinz Konrads „Servas die Madln, servas die Buam“ oder der einen oder anderen Peter Alexander Show „Dankeschön, es war bezaubernd, danke schön, auch wenn wir nie mehr auseinander gehn, ich sage Danke schön“ ein Quiz, laaaaange vor „Dalli Dalli“ oder „Wetten dass….“, eine TV Show namens „Was bin ich“ mit dem vielsagenden Untertitel: „ein heiteres Beruferaten“, mit einem Quizmaster namens Robert Lembke und ein paar Sparschweinen, die, falls die Ratenden den Beruf der jeweiligen Kandidaten nicht erraten konnten, mit Münzen prall gefüttert wurden. Kann sich noch irgend jemand daran erinnern?

Das für mich bezeichnende an dieser Show, die mir heute im Rahmen dieser heimtückischen Frage „Was willst Du einmal werden?“ sofort in den Sinn kam, war ihr Titel: „Was bin ich“. Nicht, welchen Beruf habe ich , oder wer bin oder was mache ich sondern „Was“ bin ich? nicht „Wer“ sondern eben „Was“ – also ein Objekt. Etwas. Die logische Erfüllung der Frage „Was“ willst Du einmal werden? Das! In einer Reihe mit anderen, zweifelhaften Objekten wie Topfenstrudel, Lockenwickler, Transistor Radio, Lodenjacke, Heiratsschwindler, Dieb, Priester, Koch, Musiker oder Mörder. Das heitere Beruferaten mit Robert Lembke.

Ich spreche jetzt aus meiner ganz persönlichen, individuellen Perspektive als jemand, der ohne Zweifel als Musiker auf die Welt gekommen ist und sich dieser Frage zwar von Aussen aber von innen nie wirklich stellen musste. Als ich etwas 13 Jahre alt war und meine Eltern endlich in einer Wohnsituation mit einem einigermassen trockenen, menschenfreundlichen Keller gelandet waren, in dem man auch tatsächlich Schlagzeug hätte üben können, mein Traum und meine geliebte und gelebte Realität zugleich seit eh und je, war ich bei einem Eignungs- und Aufnahmetest in der dortigen Musikschule, die es an den anderen Orten, wo wir vorher gelebt hatten, auch so nicht gegeben hatte. Als ich all die Tests und das persönliche Gespräch mit dem Musikschuldirektor gerade hinter mich gebracht zu haben glaubte, kam diese Frage: „Und? Welches Instrument will er denn lernen?“ und ich, obwohl die Frage ja gar nicht an mich gestellt wurde, wie aus der Pistole geschossen „Schlagzeug“ sagte, meinte darauf dieser Herr Direktor wortwörtlich: „Viel zu talentiert für Schlagzeug“. Aus heutiger Sicht hatte er sich wohl sichtlich heftigst geirrt.

Man könnte ja zur wesentlich gesünderen und respektvolleren Abwechslung einmal sich selbst fragen oder einfach nur einmal schauen und aufmerksam beobachten, wer denn da, oft in der Gestalt eines sogenannten Wunschkindes, tatsächlich vor einem steht. Eines Kindes, für das man möglicherweise den Anspruch hat, dass man ihm auf jeden Fall das eine oder andere in der eigenen Kindheit unangenehm oder schlimm erlebte ersparen will, dass das Kind es unbedingt besser haben „muss“, dass das Kind unbedingt dürfen muss, was man selbst nicht durfte, dass man diese oder jene empfundenen , erlebten ode interpretierten „Fehler“ der eigenen Eltern auf keinen Fall wiederholen will. Entweder oft ohne zu bemerken, wie gehorsam und präzise man aber womöglich doch den Fussstapfen der eigenen Eltern folgt oder welch andere Hürden man gerade deshalb für die eigenen Kinder baut, im besten Glauben, also gut gemeint, nur ja nicht so wie die eigenen Eltern handeln und sein zu dürfen.

Das Wort „Wunschkind“ bedeutet ja schliesslich nicht, dass man sich von diesen Kindern buchstäblich alles wünschen, erwarten, erhoffen darf. Dass besonders sogenannte „Wunschkinder“ nicht jemand sind, die man nach den eigenen Wünschen, Ängsten, Erwartungen und Vorstellungen formen darf und damit zu Objekten macht, nur damit sie unbedingt so oder so funktionieren müssen, nur damit man selbst mit der eigenen Kindheit auf deren Rücken einen Pseudo Frieden schliessen kann, ohne sich bewusst zu werden, was man ihnen damit womöglich noch wesentlich Schlimmeres antut, aufzwingt oder ihren eigenen freien Willen damit bricht unter dem Deckmäntelchen der Er – Ziehung. Nicht zu vergessen der enorme gesellschaftliche Erwartungs-, Leistungs- und Wettbewerbsdruck unbedingt dabei zu sein und da um jeden noch so abartigen Preis unbedingt mitmachen und mithalten zu müssen.

Vielmehr ist es die ethische und menschenwürdige Pflicht der Eltern, ihren Kindern, die Ihnen ja nicht gehören sondern immer sich selbst, bedingungslos zu helfen, die zu werden, die sie schon immer sind. Bedingungslose „Liebe“ kann eigentlich nur auf diese respektvolle Weise auf Augenhöhe und genau dort wachsen und sonst eigentlich kaum bis gar nicht.

Die Frage: „Was willst Du denn einmal werden“? setzt irgendwie auch ganz klar voraus, oder sagt zumindest aus, dass man ja noch nichts ist. Ein Nichts und Niemand. Weil man ja anscheinend erst ein „Etwas“, etwas tolles, wichtiges, wertvolles, bedeutendes „werden muss“ um jemand zu „Sein“. Und sie zeichnet zugleich eine Perspektive eines elendiglich langen Weges vom Hier – dem Nichts bis nach „Et – Was“ . weit weg. dort. dann. irgendwann. Wenn Du einmal etwas oder jemand geworden sein wirst. Mit „Hilfe“ deiner Lehrerinnen und Lehrer, deiner Eltern, deiner Ausbildner deiner Ein- und Um -Schuler, deiner Influenzer, deiner Dich Unter . Richtenden, deiner Professoren und Meister.

Dann , und nur „dann“ erst hast du etwas sein werden dürfen, nachdem man dich mit Angst vor dem Fehler machen und ihrem grösseren Bruder, dem Perfektionismus infiziert hat und man Tonnenweise Lern Material, Informationen, einem üppigen Menü an analytischem Wissen, oft sinnlosen Wettbewerbsfantasien und reichlich Versagensängsten bis oben hin randvoll gepumpt hat, und das, was eigentlich immer schon da war, was wahrhaftig „ist“ und immer sein wollte, schlicht und einfach entweder für immer oder lange Zeit verschüttet, nicht einmal mehr wahrgenommen oder erst durch eine heftige innere Implosion, oft in Form einer körperlichen oder seelischen Verletzung, Verwundung oder Krankheit oder eine äussere Explosion, in Form einer Bedrohung, besonderen Herausforderung oder Katastrophe erschüttert erst wieder mühsam, Schritt für Schritt seinen Weg ans Licht finden konnte.

Was ist, will „Sein“. Punkt. Die wesentlich gesündere Herangehensweise wäre ja in Wahrheit keine Frage, sondern , wie der deutsche Neurobiologe Prof. Gerald Huether das so treffend vorschlägt, seine Kinder unauffällig zu beobachten, und zwar wenn sie „spielen. Im Spiel lassen sich durch einen aufmerksamen Beobachter Talente, Neigungen, Vorlieben, Anlagen ganz klar und am Besten erkennen, die dann einfach nur bestärkt, beschützt und zu einem Gelingen ermutigt werden wollen. Im Spiel. Je mehr Plan, desto weniger Wunder. Ebenfalls Punkt.

Eigentlich müsste es ja heissen: Wer bist Du? Oder noch besser: Lass uns doch mal schauen , was da so alles in dir steckt. Nachdem nur werden kann was schon immer ist. Was man sich ganz bewusst fragen sollte, und wie kann man Dich unterstützen, bei all dem was da an Potential in dir steckt, so klar und deutlich immer und überall sein und tun zu können und ohne Zweifel das Gefühl und ein Feedback zu geben, das auch immer und in jeder Situation auch sein und tun zu dürfen, egal ob oder wem auch immer das „ge-fällt“ oder nicht, wer auch immer das „toll“ findet oder nicht oder wer auch immer glaubt, dein Sein und Tun in irgendeiner Art und Weise, zumeist aus einer Position der Überlegenheit, also von oben herab beurteilen und bewerten zu müssen.

Jemandem wirklich zu helfen, die oder der zu werden, der sie oder er schon ist und in der Essenz immer war, bedeutet diese Menschen respektvoll, auf Augen- , Herzens-, uns Seelenhöhe in Liebe zu begegnen und zu ihrem inneren, in ihnen schlummernden und in die Welt drängenden Potential heranzuführen, bedingungslos. In das eigene Strahlen führen, damit leuchten kann was leuchten will und nicht, damit werden kann, was eigentlich von Anfang an nie wirklich sein wollte und schlicht und einfach nicht „ist“ nur weil jemand anderer sich etwas anderes ein – bildet oder vor – stellt.. Bitte sei so gnadenlos, wie es nur irgendwie geht, genau so wie und wer du bist und wie es Dir gefällt und mache und verfolge einfach, frohen Mutes, was Dich er – füllt und Dir richtig Freude bereitet. ❤ Danke
P.S.: John Lennon hatte offensichtlich einmal die grössten Schwierigkeiten in der Schule, als er auf die Frage, was er denn einmal werden wolle, mit „glücklich“ geantwortet hatte.

AleX