Ich beziehe mich in diesem Blog auf die derzeit aktuellen, wenn auch nur symbolischen „letzten Meter“ in, ich behaupte einmal, unser aller Bemühen, die uns alle betreffende Pandemie und uns selbst in ihr, einigermassen in den Griff zu bekommen, die uns ja nach wie vor, ob wir es wollen oder nicht, ob es uns passt oder nicht, ob wir glauben jetzt unbedingt „müde“ werden zu müssen oder nicht, ob wir schon stinksauer und wütend sind oder nicht, fest im Griff hat. Wir sind da noch lange nicht durch das Ziel gelaufen, die zweite Halbzeit ist noch lange nicht vorbei und der 2. Durchgang auch nicht. Also wirklich noch viel zu früh um irgendwelche Korken knallen zu lassen oder die eine oder andere Party zu schmeissen. Dem Virus ist es vollkommen egal, ob wir glauben, dagegen protestieren oder darauf schei….n zu müssen.

Wir kennen das alle seit eh und je. Es ist wirklich ein besonders für Österreich typisches „letzte Meter Karma“ wie es scheint. Entweder mit Bestzeit am Ziel vorbei, oder 3 Tore vor dem Ziel eingefädelt, oder mit Zwischenbestzeit dann im Endeffekt das ersehnte Stockerl um läppische 5 Hundertstel verpasst, oder bis fünf Minuten vor dem Abpfiff mit 2:1 in Führung und dann mit einem Endresultat von 3:2 mit hängenden Köpfen die nächste Runde verpasst. Aus dem Sport alleine gibt es da hunderte, wahrscheinlich eher tausende alte sowie hochaktuelle Beispiele.

Und die Liste der im Anschluss nicht enden wollenden Erklärungen, wer oder was eigentlich warum und wie daran die Schuld hat, weil man selbst keine wie auch immer geartete Verantwortung dafür übernehmen will oder möglicherweise das nach wie vor nicht können wollen kann. Verantwortung übernehmen, was besonders im erzkatholischen Österreich nach wie vor hartnäckig mit dem Eingeständnis von Schuld oder mit dem Machen eines auf keinen Fall tolerablen und in keiner Hinsicht akzeptablen, menschlich zwar fast immer durchaus verständlichen Fehler machen dürfen einhergeht oder verwechselt wird. Was natürlich auf dem Fussballfeld unter Umständen wesentlich weniger offensichtliche oder fatale Folgen haben mag als zum Beispiel als zuständiger Chirurg in einem Operationssaal, als Sologeiger beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker vor einem weltweiten Millionenpublikum oder im Rahmen einer Himalaya oder Mont Blanc Besteigung in der Felswand an einem Seil hängend und mit dem Fuss nach Halt suchend.

Da gibt es im Zuge all dessen natürlich immer wieder mindestens genau so berühmte, manchmal auch berüchtigte Jahrhundert Ausnahmen wie einen Hermann Maier, oder einen Marcel Hirscher, einen Franz Klammer und eine Annemarie Pröll, jetzt Moser oder einen Marco Schwarz, Vincent Kriechmaier, meinen sympathischen Lieblings Psycho Manuel Feller oder die mich besonders ob ihrer genial bescheidenen inneren Einstellung und lachend zuversichtlichen äusseren Ausstrahlung in purer Lebensfreude zutiefst berührende Katharina Liensberger, wenn wir bei den Schifahrerinnen einmal kurz hängen bleiben wollen.

Nicht zu vergessen die vergleichsweise unglaublich zahlreichen, berühmten und international anerkannten, österreichischen Forscherinnen und Forscher, Ärztinnen und Ärzte, Schauspielerinnen und Schauspieler, Regisseurinnen und Regisseure, Musikerinnen und Musiker, Künstlerinnen und Künstler, Architektinnen und Architekten, Köchinnen und Köche, Unternehmerinnen und Unternehmer und, und, und… die sich immer wieder gegen diese zu einem grossen Teil noch immer unerforschten Tiefen der österreichischen Seele hinwegzusetzen wissen. Diese sind dann meistens, auch aus internationaler Sicht, einzigartig und ja, unangefochtene Weltklasse.

Ich habe da ja schon länger meine persönliche Ösipsycho Hypothese, was das angeht. Zum einen orte ich ein unfassbar schlechtes , kollektives österreichisches Selbstvertrauen, welches zu einem guten Teil wahrscheinlich daher rühren mag, dass jenes Österreich , so wie wir es heute kennen und lieben, in Wahrheit nur mehr ein etwas unförmiger Blinddarm, ein zusammengeschnippelter Wurmfortsatz eines ehemaligen grossen Vielvölkerstaates, einer kaiserlichen Monarchie und eines relativ beeindruckenden, grossen Weltreiches war, welches sich weit hinein in die ungarischen Tiefebenen, bis an die Küsten Kroatiens, in Teile Tschechiens bis hinunter in das mediterrane, italienische Triest erstreckt hatte. Zum anderen sind wir nach aussen Monarchie erprobe und von ihr geformte Buckler und Kuscher und nach innen gewandte Motschkerer und stille Revoluzzer am Wirtshaustisch, auf den man sich dann schon mal laut und heftig mit geballter Faust, besonders nach ein paar Achterl oder Krügerl, aufschlagen traut.

Es geht halt jetzt einfach um die gemeinsame Bewältigung einer Jahrhundert Herausforderung in Form dieser, uns alle peinigenden bis nervenden Pandemie, was ja ein gemeinsames Anliegen darstellen könnte. Zum einen sind wir verunsichert und müde, nicht so sehr durch dieses kleine, verdammte Virus sondern viel mehr durch ein ewiges, politisches Kalkül und Hin und Her zwischen Konzern- und Seilnbahnwirtschaftsinteressen, Handels und Unternehmer Begehren und gesundheitlichen Notwendigkeiten. Eine Politische Chaotentruppe in dieser sicher nicht einfachen Aufgabe stets bemüht vorrangig keine starken, potentiellen Wählergruppen vor den Kopf zu stossen oder zu verlieren als sich um solide Impfmenegn zu kümmern, sich nicht nur um die Alten sondern besonders auch um die vergessenen Jüngsten, die Schüler, Lehrlinge und Studenten zu kümmern.
Was in Summe zu einem endlosen, undefinierbaren Verordnungs Hick Hack führt, welches am Ende, und, wie schon gesagt: wir sind dort noch lange nicht: am Ende keiner und keinem weder hilft noch Klarheit verschafft, was die Sinnhaftigkeit vieler dieser Verunordnungen angeht. Die Kunst und Kultur fällt dabei dem selbsternannten „Kulturland“ Österreich vollkommen durch den ebenso selbst geschaffenen Rost. Zum anderen ist Durchhalten und etwas gnadenlos bis zu einem für alle befriedigenden Ende Durchziehen sicher keine grosse österreichische Lieblingsfertigkeit oder Bewusstseinsqualität. Da kommt uns das Motschker-, Lamentier-, Unentschlossenheits- und HättiWariWäri Gen immer wieder heftigst in die systematische Quere.

Das ganze Schlammassel dieser österreichischen Psyche und Seele manifestiert sich in typisch östereichischen Sprüchen wie „Schön wär’s“ oder „hüft’s nix so schod’s nix“ oder „wos soi des?“ bis hin zu „geh bitte, von denen los i mia sicha nix sogn“, „i was söwa, wos guat für mi is“ und „dei soin doch afoch schei….n gehn“ wer immer „dei“ dann sind oder sein sollen bis zu „weil’s wuascht is“, „passt scho – irgendwie wird’s schon gehn“, „immer mit da Ruhe“ und“reg di ned auf – moch ma scho“.
Der notorische Zwang der Schuldzuweisung macht zusätzlich ein gemeinsames Vorgehen , ein Ziehen an einem Strang, das Erreichen eines Zieles, im Besonderen eines gemeinsamen, verdammt schwierig bis schier unmöglich. Zusätzlich sind wir psychisch, geistig und seelisch doch wohl viel weiter im Balkan beheimatet als und das bewusst sein mag, wo man Vieles klar spürbar weniger strikt und straff , durchgehend etwas „salopper“ und entspannter organisiert, als bei den ordnungsliebenden und eher manisch disziplinierten Germanen oder den korrekten eidesstattlichen Schweizern zu Hause.

Die Ösi Hürde liegt aber , wie gesagt, nach wie vor, seit Jahrhunderten erfolgreich programmiert und gewissenhaft gepflegt, behütet und weitervererbt, immer noch auf den buchstäblich letzten Metern, egal ob im Sport, im täglichen Leben oder eben jetzt, in der Corona Pandemie, wo man einerseits mit guten Argumenten vieles wieder möglich machen und aufsperren sollte, wo aber die konkreten Fallzahlen und die Bettenverfügbarkeit auf den Intensivstationen, die schon wieder ein Besorgnis erregendes Mass erreicht haben, mit ebenso guten Argumenten, wieder nach einem noch strengeren Lockdown schreien. Und gleichzeitig ist eine immer grössere Zahl von Österreicherinnen, Österreichern und Menschen, die hier leben, nichts desto trotz jederzeit bereit, beides konsequent zu ignorieren und jetzt schon die Korken knallen zu lassen und Parties zu schmeissen, obwohl wir in Sachen Impftempo eher als sehr bescheidene Schlusslichter unterwegs sind und das Ziel, die Pandemie in den Griff bekommen zu haben, noch meilenweit entfernt ist.
