wie krank sich der digitale Irrsinn an Österreichs Schulen zu manifestieren und breit zu machen beginnt zeigt folgender Beitrag des ORF: grosse digitale Ratlosigkeit links und rechts, egal von wo und wie man hinschaut, aber Hauptsache wir sind die Schnellsten, die Besten und die Ersten auf der Breitband Autobahn. magenta und Co freuen sich den Allerwertesten weg. Den Mobilfunkanbietern und deren Geschäftsmodellen hilft’s mit Sicherheit, der bemitleidenswerte, davon betroffene Rest in Form unserer Kinder bleibt allerdings ein riesengrosses Fragezeichen…..
Laptops für Schulen: Für Lehrer „nur der Anfang“
Wenn ab Herbst Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Schulstufe mit Tablets und Laptops ausgestattet werden, macht Österreich aus Sicht des obersten Lehrervertreters Paul Kimberger (FCG) nach vielen Jahren der Ankündigung endlich einen Schritt zur Digitalisierung der Schulen. Gleichzeitig sagte der Gewerkschafter: „Das kann nur der Anfang sein.“ Echt jetzt? Was für ein inkompetenter Lehrervertreter soll das denn sein bitte?? er wäre mit grossem Abstand wohl wesentlich besser Vertreter für Fenster- und Türdichtungen geworden.
Ausbaubedarf bei Infrastruktur
An vielen Standorten fehle Infrastruktur, um digitale Geräte sinnvoll im Unterricht einzusetzen. Durch die Pandemie habe man schmerzhaft gesehen, was in Österreich in der Vergangenheit bei der Digitalisierung des Schulwesens verpasst wurde, so Kimberger. Na was genau wurde denn „verpasst“ bitte ???? oder hat man vielleicht einfach nur seit Jahrzehnten den Anschluss an die neueren Möglichkeiten, Lernen zu gestalten, vollkommen verpennt und verschlafen und glaubt sich nun mit der heiligen Digitalisierung den verstaubten Kopf und den dreckigen Kragen zu retten, die vor allem für junge Menschen eine pädagogische Katastrophe darstellt ??? Davon hat der rührige Lehrervertreter wohl offensichtlich noch nie etwas weder gehört noch gelernt
Jetzt gehe es darum, dass sich Länder und Gemeinden hinter die Initiative des Bundes stellen und ihren Teil dazu beitragen. Es brauche an allen betreffenden Schulen ein leistungsfähiges Internet und WLAN, aber auch etwa Lehrerarbeitsplätze. Unter den digitalen Blinden und Geblendeten ist der virtuelle einäugig Engstirnige offensichtlich König.
Wartung „darf nicht bei Lehrern hängen bleiben“
Neben der Infrastruktur ortet Kimberger noch weitere potenzielle Stolpersteine: Noch unklar sei aus seiner Sicht etwa, wer für die Wartung der Geräte zuständig sein soll oder bei beschädigten Geräten für Ersatz zu sorgen hat. „Das darf nicht bei den Lehrern hängen bleiben.“ Hier brauche es entsprechende Unterstützungsangebote an den Schulen. Offene Fragen sieht er auch in Sachen Datenschutz. Sonst sieht er wohl keine „offenen Fragen“….
Geradezu absurd findet Kimberger, dass an Bundesschulen alle Lehrer einer digital ausgerüsteten Klasse einen Laptop oder ein Tablet vom Bund bekommen, während es an den Pflichtschulen, wo die Länder die Erhalter sind, nur drei Geräte pro Klasse geben soll.
„Auch hier müssen alle Lehrer ausgestattet werden“, so Kimberger mit Verweis auf Oberösterreich, das bereits eine entsprechende Initiative angekündigt hat. Bund, Länder und Gemeinden müssten nun ihre jeweilige Verantwortung wahrnehmen. „Da ist noch richtig viel zu tun.“ Die „Geräte“ als Lösung einer ewig versäumten Bildungsoffensive – da kann man uns und vor allem unseren Kindern nur ein herzliches Beileid wünschen
Elternvertretung sieht viele offene Fragen
Viel zu tun ist auch noch aus Sicht der Elternvertretung, auch diese ortet außerdem diverse offene Fragen. Zwar sei es grundsätzlich gut, dass diese Frage nun angegangen werde, betont Paul Haschka vom Dachverband der Elternvereine für Pflichtschulen.
Zumindest zu Beginn erwartet er allerdings auch Probleme beim Einsatz der neuen Geräte im Schulalltag. „Wir sind erst am Anfang eines Prozesses, wo Lehrer, Schüler und Eltern damit umgehen lernen müssen.“ Hört, hört – vielleicht „müssen“ sie ja gar nicht damit „umgehen“ sondern sollten diesen kranken Irrsinn eher einfach „umgehen“????
Beim Bundesverband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV) findet man es grundsätzlich ebenfalls gut, dass das Thema Digitalisierung angegangen wird. Doch auch Sprecher Christoph Drexler stellt infrage, ob etwa die Kompetenzen der Lehrer schon für einen breiten, pädagogisch sinnvollen Einsatz der digitalen Endgeräte ausreichen. Wie Haschka sieht er noch viele ungeklärte Fragen bei der Nutzung der Geräte, etwa wer die Wartung übernimmt und wie es etwa um die Versicherung bei Diebstahl steht. Es gibt offensichtlich nur Fragen zur Nutzung der Geräte. Zur Be – Nutzung unserer Kinder für die Implementierung einer äusserst fragwürdigen, pädagogisch sowie gesundheitlich, die Intelligenz sowie die Empathie, Phantasie und Kreativität extrem zerstörerischen Technologie vor allem im frühen Kindheits- und Schulalter, was zahlreiche internationale wissenschaftliche Studien eindeutig belegen, gibt es wohl nach wie vor weder weitere Fragen noch Antworten….
Drexler befürchtet außerdem, dass die Gruppe jener, die aus sozialen Gründen keinen Selbstbehalt bezahlen müssen, zu eng gefasst sein könnte und die Geräteanschaffung so manche Familie vor finanzielle Probleme stellen könnte.
Dazu kämen noch Nebenkosten, wie sich schon im Fernunterricht gezeigt habe, etwa wenn dann auch die Anschaffung eines Druckers notwendig werde. „Das ist die Frage, wie gut sich das mit der Schulgeldfreiheit verträgt.“
Das ist „die Frage“??? echt jetzt???? Na dann, gute Bildungs Nacht und verschlafen wir weiterhin, auch die nächsten hundert Jahre alles, was dem Potential, den Talenten und Neigungen unserer Kinder tatsächlich förderlich sein könnte. Ein Laptop im frühen Schulalter ist es mit Sicherheit nicht.
red, ORF.at/Agenturen
Dazu ein kurzer Auszug aus einem Interview mit Richard David Precht: Wie muss die Schule, wie muss die Bildung diese gewaltige Herausforderung angehen? Mit mehr Laptops in den Schulen?
Precht: Das haben die Kinder ohnehin. Neue digitale Technik für die Schulen ist zudem rasch hoffnungslos veraltet. Die technische Ausrüstung ist nicht Aufgabe der Schulen. Die Jugendlichen müssen auch nicht flächendeckend programmieren lernen – die Zahl der Programmierer dürfte sich nicht dramatisch erhöhen. Das Wichtigste ist, Kindern in einer Welt, in der sie nicht lebenslang denselben Job haben werden, die Befähigung zu geben, sich in so einer Welt zu orientieren. Selbstständigkeit und Autonomie, darauf kommt es an. Das spielt in unseren Schulen eine zu kleine Rolle: Sie bereiten vor allem auf die klassische Erwerbsarbeit vor. Auf wechselnde Herausforderungen bereitet die Schule schlechtest möglich vor. Das zu verändern, ist ein langwieriger Prozess.
Sie sind jetzt 53. Was schätzen Sie: Wie sieht die Welt in 22 Jahren aus, wenn Sie 75 sind?
Precht: Ich hoffe, dass dann Menschen nicht nur in weltfernen Technikwelten leben, sondern dass sie einerseits vom technischen Fortschritt profitieren, der vieles erleichtert, und andererseits aber am Ausbau der Humanität arbeiten. Das 18. Jahrhundert hat erstmals die Menschenrechte erklärt, das 19. hat sie in einigen Ländern in den Mittelpunkt gestellt, das 20. hat sie weiter ausgereizt. Das 21. Jahrhundert wird sie im globalen Maßstab ernst nehmen müssen. Ich hoffe auf ein Mehr an Humanität im globalen Kontext. Und dass wir nicht nur an uns denken. Denn uns geht es wahnsinnig gut. Es wird uns auch nach der Digitalisierung noch wahnsinnig gut gehen.
Wer nicht «digital» lernt, verpasst nichts
Eine Kritik an der Digitalisierung der Schule
Gastbeitrag von Prof. Dr. Gerhard Steiner, emeritierter Ordinarius für Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie der Universität Basel
Digitale Transformation und Propaganda
Eines vorweg: Die «digitale Transformation» ist eine weltweite wirtschaftliche IT-Bewegung; ein Vorhaben für Grossunternehmen, KMU und die Verwaltung. Sie trägt zur Dynamisierung von Abläufen, zu deren Planung und Evaluation bei, sowie zur Verarbeitung riesiger Datenmengen, wie sie unter anderem auch in der Forschung
anfallen.
Lernen, das Kernstück jeder Ausbildung, braucht aber keine digitale Transformation, denn Lernen ist als Verhaltensweise grundsätzlich nicht digital. Die Schul Digitalisierer scheinen mit lernpsychologischer Blindheit geschlagen zu sein. Sie versprechen bezüglich Lernerfolg das Blaue vom Himmel und verbreiten hemmungslos Propagandalügen.
Lüge Nr. 1: Nur mittels der «digitalen Transformation», d.h. nur mit Hilfe von Computern, Tablets und elektronischen Wandtafeln im Unterricht, kann das
Lernpotential der Kinder voll ausgeschöpft werden.
Stimmt nicht! Entscheidend sind ganz andere Faktoren: genug Lernzeit ohne
permanente organisatorische oder technische Ablenkung, Sichtbarmachen der Lernfortschritte mit konstruktiven Rückmeldungen samt der Forderung, im Falle von Lücken im erworbenen Wissen oder Können nochmals eine oder auch mehrere
«Lernrunden» zu fahren.
Und genau das tun engagierte Lehrkräfte, aber auch Eltern, die wissen, dass Lernen ein Prozess ist, bei dem gerade gezielte Wiederholungen dazu gehören.
Lüge Nr. 2: Mit der Digitalisierung wird den Lernenden der mühsame Wissenserwerb erspart. Das neueste Wissen ist ja stets auf dem PC verfügbar, das früher erworbene veraltet ohnehin schnell.
So ein Blödsinn! Ironischerweise veraltet Wissen im IT-Bereich am schnellsten, ganz sicher nicht in der Ausbildung während der obligatorischen Schulzeit. Der Computer hat kein Wissen: Er kann Information liefern, das «Rohmaterial» für künftiges Wissen. Wer lernen will, braucht Wissen – und zwar aus dem Kopf, weder von einer Harddisk noch aus dem Internet! Dieses unmittelbar greifbare Wissen bildet den «fruchtbaren Boden» für den Erwerb weiteren Wissens; in diesen «Boden» wird die neue Information eingearbeitet. So entsteht aus Information neues Wissen und gleichzeitig Vernetzung von neuen mit bereits vorhandenen («alten») Ideen.
Lehrerinnen und Lehrer, die à jour sind, wissen das. Sie legen Wert auf die Aktivierung dieses Vorwissens, weil ihnen dessen Bedeutung für jeden weiteren Unterrichtsschritt bewusst ist. Übrigens: Wer viel weiss, kann leichter noch viel mehr Wissen hinzugewinnen, als wer nur wenig weiss. Vorwissen hat Power.
Lüge Nr. 3: Die Digitalisierung macht mit ihren Bildern, Videos und Grafiken das Lernen völlig mühelos, weil alles sichtbar gemacht wird und sich solche «Veranschaulichungen» einprägen.
Stimmt nicht! Das ist Abbildtheorie des 17. Jahrhunderts – völlig veraltet!
Entscheidend sind zwei Voraussetzungen, wenn Bilder lernwirksam werden sollen: Zum einen muss Vorwissen zum Bildinhalt da sein, d.h. verstandene Bedeutungen und passende Stichwörter; erst diese erlauben ein Verarbeiten der Bildelemente (z.B. ein Vergleichen oder Verknüpfen) und ein Reden über sie. Und zum anderen muss die Wahrnehmung der Lernenden gelenkt werden: Sie müssen wissen, wohin sie schauen sollen. Viele von ihnen verirren sich auf ihrem Bildschirm, bleiben so trotz den vor Augen stehenden Bildern «blind» und können deshalb nichts lernen.
Kompetente Lehrpersonen bauen also entsprechendes Vorwissen auf, schon bevor visuelle Information präsentiert wird, und lenken dann gezielt die Aufmerksamkeit der Lernenden auf die entscheidenden Bildbereiche. Hier wird auch Lehr- und Lerneffizienz geschaffen, die heute sehr oft völlig fehlt. Wenn unsere Wirtschaft so arbeiten und produzieren würde …
Und übrigens: Im Unterricht ist eine Grossprojektion mittels eines Computers und eines Beamers effizienter, als wenn sich jedes Kind auf seinem eigenen PC zurechtfinden muss. Solches lenkt ab, stört und verlangsamt den Lernfluss, sodass effizientes Lernen nicht selten völlig ausgebremst wird.
Lüge Nr. 4: Die Digitalisierung bringt die Welt ins Klassenzimmer.
Die Welt nicht, sondern Bilder von ihr.
Aber genau diese Tatsache verhindert viel zu oft echte Erlebnisse z.B. draussen am Bach oder im Steinbruch, beim Mechaniker in der Werkstatt oder auf den Mauern einer Burgruine – Umgebungen also, die zur Grundlage eines motivierenden und erfolgreichen Lernens werden könnten. Erfolgsorientierte Lehrerinnen und Lehrer pflegen authentische Erlebnisse.
Lüge Nr. 5: Die Digitalisierung macht die Lernenden selbständig, z.B. weil sie sich ohne Hilfe von aussen selber kontrollieren können: Klick, und die Lösung
erscheint. Der Alltag sieht oft anders aus: Wer Mühe hat mit einer Hausaufgabe,
klickt die Lösung an; so einfach geht das. Lerneffekt: null. Wer sich zuerst um die Lösung bemüht und diese dann mit dem abrufbaren Resultat vergleicht, wird sich, wenn alles richtig ist, bestätigt fühlen. Wenn sich seine Lösung aber als falsch erweist, steht er da wie der Esel am Berg, und er weiss nicht warum.
Es ist nicht die Stärke des Computers, eine angemessene Lernprozessanalyse hervorzuzaubern und ein entsprechendes Feedback zu geben. In solchen Fällen versagt die Digitalisierung vollständig, und die Selbstkontrolle der Lernenden ist im Eimer. Nur engagierte persönliche Rückmeldungen durch Lehrerinnen und Lehrer mit lerndiagnostischem Gespür führen weiter. Sie kennen die relevanten Denkschritte und die denkbaren Alternativen und können den Lernenden individuell bewusst machen, wo ihr Lern- oder Problemlöseprozess entgleist ist und wo deshalb nachgefasst werden muss.
Lüge Nr. 6: Die Digitalisierung, d.h. der Computer oder das Tablet, fördert das Üben. Meistens ist das Gegenteil der Fall: Digitalisierung killt das Üben immer
dann, wenn den Lernenden vorgegaukelt wird, wie gut sie nach kurzer Zeit schon seien. Sie brechen das Üben dann zufrieden ab – typischerweise nach einem gelösten Beispiel. Aber genau da müsste das Üben intensiviert werden – durch Bearbeiten mehrerer Aufgaben: zehn anstatt eine!
Übrigens: In solchen Situationen nimmt die Überlegenheit der asiatischen Schülerinnen und Schüler ihren Anfang. Diese üben nämlich alles, was sie an Wissen und Können erworben haben, durch gezieltes, auch variiertes Wiederholen – bis zu dem Punkt, wo sie es leicht, rasch, sicher, korrekt und vollständig aus dem Gedächtnis abrufen können. Das verschafft ihnen den Vorsprung im weiteren Lernen und ihre Selbstsicherheit.
Bei dieser konsequenten Art des Lernens ist auch etwas Altmodisches und völlig Unspektakuläres im Spiel: der Fleiss. Spitzensportler wissen das auch! Und noch etwas: Wer dank persönlichem Einsatz, Fleiss, Anstrengung und Ausdauer erfolgreich ist, erlebt den IKEA-Effekt, sieht also ein Ergebnis und erlebt das gute Gefühl, sein «Möbelstück» – diesmal ein geistiges – selber gemacht zu haben! (Ich
weiss übrigens nicht, wer den Begriff «IKEA-Effekt» geprägt hat; aber treffend ist er!)
Lüge Nr. 7: Die Digitalisierung schafft Chancengleichheit.
Schön wär’s! Wie zahlreiche Untersuchungen zeigen, trifft das Gegenteil zu. Für den Fall, dass überhaupt jemand von der Arbeit mit dem Computer auf der Mittel- und Oberstufe profitiert, sind es vor allem die ohnehin schon guten und effizienten Lernerinnen und Lerner.
Wer Mühe hat mit Lernen, überlastet mit dem PC oder dem Tablet sein Gedächtnis über Gebühr und hat für das eigentliche Lernen keine freien Kapazitäten mehr. Übrigens: Die Kaderleute im Silicon Valley hüten sich davor, ihre Kinder in digitalisierte Schulen zu schicken. Alles klar?
Lüge Nr. 8: Die Digitalisierung muss schnell erfolgen, wenn unsere Schulen den Zug nicht verpassen sollen.
Welchen Zug denn? Tatsächlich drücken die Digitalisierer und die hinter ihnen stehenden Firmen aufs Tempo: damit nämlich die einen (die Schüler, Eltern und Lehrpersonen) in «pädagogische», die anderen (die Schulbehörden und Politiker) in «bildungspolitische Atemnot» kommen und die Schulen «überfordert» dastehen. Nur so lässt sich auch das (von wem erbetene oder angeordnete?) Eingreifen der Firmen wie Swisscom oder IBM in das Leben der öffentlichen Schulen rechtfertigen.
Übrigens bleiben da noch ein paar Fragen: Wer genau soll da überfordert sein und in welcher Beziehung? Und wer hat überhaupt diese Überforderungs-Diagnose gestellt? In wessen Kompetenz und Verantwortung liegt es, in dieser bildungspolitischen Situation ein bestimmtes Tempo zu diktieren? Und inwieweit ist dieser Aktivismus bildungspolitisch-demokratisch legitimiert?
Kein IT-Verbot
Das alles muss nicht heissen, dass unsere Kinder keinen Computer, kein Tablet und kein iPhone benutzen sollen. Zum einen ist zu sagen, dass die überwiegende Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler dies in dezenter Weise oder exzessiv schon tut, und zum anderen mag es angezeigt sein, dass in der letzten Klasse der obligatorischen Schulzeit der Umgang mit dem Computer für schulische Zwecke
normiert und auch das Programmieren thematisiert wird.
Wie sehr die entsprechenden Lernergebnisse allerdings in der weiteren Ausbildung oder am Arbeitsplatz gewinnbringend eingesetzt werden können, muss jeweils vor Ort entschieden werden.
Die Rolle der Lehrpersonen
Ein spezielles Thema ist dabei in jedem Fall die Rolle des Lehrers oder der Lehrerin. Bei einem Einsatz digitaler Mittel (in erster Linie Tablet oder PC) käme ihnen die Rolle eines Lernbegleiters zu, oder wie es neudeutsch heisst: eines Coaches. Dabei wird übersehen, dass sich aufgrund der spezifischen Betreuungsarten derer, die als Computerfreaks die Details im Umgang mit dem Gerät beherrschen, und denen, die ihre ganze geistige Kapazität erst noch für den Gebrauch von PC oder Tablet einsetzen müssen, eine unübersehbare Schere immer weiter öffnet.
Bei denen, die mit den digitalen Systemen wenig vertraut sind, führt dies zu einer hoffnungslosen Überlastung des Arbeitsgedächtnisses und damit zu einem Stillstand im Lernprozess. Solches geht meist völlig unbeachtet über die Bühne, und dann wundert man sich über die «unerklärlichen» Lernschwierigkeiten bei einzelnen
Schülerinnen oder Schülern.
Das Ende des Beobachtungs- und Nachahmungslernens?
Ein weiteres Problem ist ganz grundsätzlicher Art: Von den Frühzeiten des Menschen bis heute sind überlebenswichtige Fähigkeiten, aber auch Wissen, über das Vorzeigen und Nachahmen gelernt worden: so das Feuermachen, das Jagen, später die Sprache, der Gebrauch von Werkzeug, aber auch sämtliche Elemente des sozialinteraktiven Verhaltens. Die überwiegende Mehrzahl unserer Aktivitäten
wurde also aufgrund von sogenanntem Beobachtungs- oder Nachahmungslernen aufgebaut, tausendfach eingeübt und immer wieder auf neue Situationen angewandt.
Die für unverzichtbar gehaltene Digitalisierung des Lernens beansprucht nun einen faktischen Verzicht auf genau diese Lernformen oder leistet sogar einer Zerstörung derselben Vorschub, was eine sichere Garantie für einen bildungsmässigen Selbstmord ist! Zu hart, zu pessimistisch formuliert? Aufgrund des Wissensstandes
über das Lernen als einer kulturell vermittelten Aktivität des Menschen sicher nicht. Und solchen Entwicklungen einfach zuzusehen, widerspricht jeder menschlichen Intelligenz. Noch heute wird eine Vielzahl von Lerninhalten über diesen für die gesamte Entwicklung des homo sapiens entscheidenden Lernweg erworben.
Abschliessende Bemerkungen
Die schulische Ausbildung und letztlich die gesamte frühe Bildung muss auf die Grundlagen fokussieren: auf ein hohes Niveau im sprachlichen und rechnerischen Wissen und Können; auf die Fähigkeit zu beobachten und das Beobachtete zu beschreiben; dann aber auch auf den Erwerb der Fähigkeiten, klar und kritisch zu denken, zu gewichten, zu argumentieren, Probleme (auch gemeinsam) zu lösen, zuzuhören und sich verständlich mitzuteilen, Wissen zu teilen und einiges mehr
an Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Was den Gebrauch der digitalen Instrumente betrifft, ist es Sache der Eltern, zu entscheiden, wie oft, wie lange und mit welcher Absicht sich ihre Kinder mit ihnen beschäftigen sollen und dürfen. Alle diese Geräte haben Vorteile, die nicht wegdiskutiert werden sollen. Aber im Unterricht an unseren Schulen stören sie mehr, als sie nützen. Wer ohne sie lernt, verpasst nichts.